Force Attack, 29.-31.7.2005 Behnkenhagen

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Jahr für Jahr beginnt sie aufs neue - die Festivalsaison.
Und Jahr für Jahr wird an den Preisen geschraubt.. leider immer nur nach oben und das häufig noch in 10er-Schritten, so verlangt ein Metalfestival um die Ecke, welchem ich hier mal Anonymität gewähre, mitlerweile einen Eintrittspreis um die 80Euronen.. eine krasse Wandlung, wenn ich bedenke, dass ich für die Veranstaltung als junger Spund mal was bei 80 DM (!!!) bezahlt hab..
Naja, neben den Eintrittspreisen ändert sich zum Glück auch der Geschmack und so baller ich mir heutzutage sowieso lieber punkrock um die Rübe und überlasse das Matteschwingen zu Schwermetall-Riffs anderen.
Was tut man also, während Heerscharen von Kuttenträgern sich seelisch auf den Marsch nach Wacken vorbereiten? - Rucksack gepackt, Bier getankt und ab gen Behnkenhagen geballert – FORCE ATTACK 2005!

Da es mitfahrtechnisch nicht so perfekt laufen sollte wie im letzten Jahr, entschloß ich mich kurzerhand dazu, mich dem Rudel der neumünsteraner Punkfraktion anzuschließen und das Ziel Donnerstag Morgen per Bahn anzusteuern.. Dank Schleswig-Holstein-Ticket, das auch in Mc Pomm gültig ist, eine billige Alternative zum Auto – auch wenn man nur Spritkohle dazu schmeißt – vom deutlich höher angelegten Spaßfaktor mal ganz zu schweigen.

Also traf man sich wohlgelaunt am Bahnhof, um sich nach der Fahrt in diversen Zügen etwa drei Stunden später ziemlich breit auf dem Parkplatz eines Pennymarktes wiederzufinden.. Nun galt es die größte Hürde zu überwinden.. in Form von ca. 6km Fußweg bis zum Festivalgelände – bei praller Sonne und ohne nennenswerten Schatten.
Um dem Hitzetod ihrer Besucher vorzubeugen wurde von der ForceAttack-Crew wie jedes Jahr ein shuttle-Service eingerichtet, welcher einen für 3Euro direkt vors Gelände karrt.. für das Stückchen leider doch ein stolzer Preis – könnt man ja eigentlich schon fast n Taxi nehmen.
Lustigerweise kam aber ein Reisebusfahrer, der von österreicher Punks extra fürs FA gemietet wurde auf die Idee, seine nun freie Zeit bis zur Rückfahrt am Montag sinnvoll zu nutzen und fing spontan an, die Leute für 2 Euro pro Nase in seinem Bus zu kutschieren – schönes Ding!

Auf dem Festivalgelände angekommen wurde schnell das Zelt aufgebaut und gleich eine Veränderung zum Vorjahr entdeckt – waren die Dixi-Batterien doch plötzlich eingezäunt und vorne am „Eingang“ saßen n paar FA-Crew Leute und spielten Klofrau.. Warum dieses??
Die Frage wurde schnell beantwortet:
Die stillen Örtchen wurden in den vergangenen Jahren nämlich immer wieder gern als Opfer für Brandanschläge genutzt, leider saß da aber mal ein Mädel auf dem Pott, als selbiger draußen anfing zu brutzeln.. Vorher mal über mögliche Konsequenzen von Suffaktionen nachdenken Jungs! (damals gings zum Glück noch mal glimpflich ab)

Tjoa, der Rest vom Donnerstag verlief relativ unspektakulär, hab ich mal nicht soo tief ins Glas geschaut und lag relativ früh im Zelt, da ja noch ein paar Tage kommen sollten.

Der Freitag verlief dann doch ein wenig anders, als ich geplant hatte, so verpeilte ich es irgendwie UK SUBS anzugucken, obwohl ich mir das fest vorgenommen hatte, wo ich sie doch schon in Kiel verpasst hatte und stand erst um 21:30 zum ersten Mal vor der Bühne bzw. im Zelt, wo THE SKATOONS aus Hamburg ihren durchaus tanzbaren Skapunk unters Volk brachten.. Leider verwechseln einige Leute besonders auf Festivals immer wieder gern skanking mit Knochenpogo, so gab es vor der Bühne größtenteils nur assiges Rumgeschubse.. schade eigentlich! Trotzdem hat die Band gut Stimmung gemacht, die Jungs verstehen ihr Handwerk halt!
Pünktlich zur Geisterstunde versuchten dann auch mal wieder ein paar Urgesteine des Deutschpunks sich selbst zu reanimieren.. mit der Auferstehung von den Toten wurde es aber irgendwie nichts und so waren sich auch dieses Mal die meisten Leute einig, dass RUBBERSLIME eigentlich mal voll fürn Arsch sind und man nicht auf Krampf versuchen sollte Geld zu scheffeln, oder wo der Sinn dieses Projektes sonst liegen mag..
Obwohl ich Ska liebe, gab ich mir MARK FOGGO SKASTERS dann doch nicht mehr direkt, sondern nur als Hintergrundbeschallung vom Zeltplatz aus und landete auch an diesem Abend wieder arg früh im Nest.. Kann aber auch mal ganz gut tun – sowieso hab ich dieses Jahr gemerkt, dass weniger saufen auf nem Festival gar nicht mal so blöd sein kann, weil man im Endeffekt doch deutlich mehr mitschneidet, als wenn man den ganzen Tag komatös übern Acker taumelt.

Am Samstag ging es dann frisch und munter zu DAISY CHAIN aus Berlin - punkrock mit Frauengesang ist ja meistens immer ganz schmuck und auch diese Band wusste eindeutig zu gefallen! Erinnerten mich sowohl stimmlich wie auch musikalisch ein bisschen an SCATTERGUN, aber am besten einfach mal selbst reinhören!

Nachdem die erste Band auf der persönlichen Liste abgehakt war, wurde es dann auch mal wieder Zeit für eine kleine Bierpause auf dem Campingplatz, welche zum Glück aber schnell unterbrochen wurde, als vom Soundcheck auf der Hauptbühne plötzlich Akkordeontöne in mein Ohr drangen. Das klang doch mal verdächtig nach Irish Folk und wie sich herausstellte, sollte mit LADY GODIVA auch wirklich eine äußerst geniale Folkpunk-Kombo auf dem Programm stehen! Sowohl eigene Songs wie auch Coverversionen alter Klassiker (z.B. Fields of Athenry) wurden dem Publikum vorgesetzt, welches die Band abfeierte bis zum Gehtnichmehr – für die Band leider aus arbeitstechnischen Gründen vorerst der letzte Auftritt aber ich denke er hätte genialer nicht sein können!
Irgendwann im Laufe des Nachmittags, bekamen wir auf dem Campingplatz Besuch von einem kleinen JackRussel-Terier namens Finn, er kam aber offensichtlich nur, um sich bei uns etwas zu Fressen und ein paar Streicheleinheiten zu schnorren und wurde deshalb kurzerhand auf Jack Assel umgetauft. Obwohl er mit seiner Schnorr-Tour bei uns keinen Erfolg hatte, kam er trotzdem regelmäßig wieder – hat uns wohl irgendwie gemocht.

Während andere Leute schon wieder glücklich zum Bierstand pilgerten, nachdem sie zum 10. Mal TOXOPLASMA gesehen hatten, ging ich abends erst lieber wieder zu LOS FASTIDIOS zur Zeltbühne, welche ich eigentlich nur durch ihr Lied „Fetter Skinhead“ kannte. Meine Erwartungen waren zwar recht hoch aber eigentlich rechnete ich doch nur mit guter Oi-Mucke, was die Italiener aber im Endeffekt ablieferten, war schlicht und einfach Hölle!
Absolut geiler Sound, irgendwo zwischen streetpunk, Oi und Ska und dazu hauptsächlich italienische Texte mit chorähnlichen Background-Gesängen der Klampfer, was mit dem mitgröhlenden Mob vor der Bühne irgendwie total die Stadionatmosphäre aufkommen ließ. Einfach nur genial und im Rückblick für mich das Highlight des Festivals!
Schöne Ansagen vom Sänger mit Glatze im Vegan-Shirt, Texte die hauptsächlich in weltpolitische und antifaschistische Themenbereiche gingen.. endlich mal eine Band, die klipp und klar sagt wo es lang geht und wo es lang gehen sollte – passte vielleicht nicht ins Klischee-Denken einiger Leute über die Skinhead-Szene aber vielleicht gucken die sich die Geschichte jetzt mal näher an. (ja, es gibt da auch noch Sharps und so weiter)
Insgesamt bewegte sich bei den Jungs auch irgendwie alles eher im Antifa-Bereich, der Sänger lieh sich zwischenzeitlich kurz eine „Gegen Nazis“-Fahne, die während des gesamten gigs neben einer Antifa-Flagge in den vorderen Reihen kreiste, was für allgemeinen Jubel sorgte und mit dem letzten Song „Antifa Hooligan“ brachte die Band zum Abschluß noch mal alles zum Überkochen.
Leider sind durch den engen Zeitplan auf dem Force Attack normalerweise anscheinend keine Zugaben erlaubt.. Trotzdem stand auch über 20 Minuten (!!!) nach dem letzten Ton, immer noch ein Haufen Menschen vor der Bühne, klatschte im Takt und gröhlte dazu den Refrain des Liedes (Come on, come on - Antifa Hooligans).
Nachts spielten dann noch DRITTE WAHL einen gewohnt guten gig mit sämtlichen Liedern, die man hören wollte und hatten dabei anscheinend auch gewaltig Spaß, jedenfalls spielten sie am folgenden Tag noch mal mittags um 12 Uhr eine Zugabe auf dem Platz. Auch wenn der Platz am Bass nicht wirklich komplett ersetzt werden kann, ist es doch schön zu sehen, dass sich die Jungs nicht unterkriegen lassen und trotz allem weiter ihr Ding durchziehen – Respekt!
Für eine Überraschung sorgten auf dem diesjährigen Force Attack bei mir die Berliner ANTICOPS, welche den Leuten auf der Zeltbühne ein äußerst tightes Hardcore-Brett vor die Fresse ballerten, womit ich nun absolut nicht gerechnet hatte.
Die Jungs knüppelten sich durch ihr set und wussten dabei immer wieder durch gute Ansagen und Inhalte zu gefallen, welche sich neben den Standartthemen auch stark mit Faschos und anderem Dreckspack in der Hardcore-Szene auseinandersetzten.
Eine Band die den Knüppel skrupellos aus dem Sack holt und damit erst mal kräftig vor der eigenen Haustür aufräumt, bevor es auf andere Sachen geht – schön zu sehen!

Mit THE SLACKERS aus New York gab es dann abends zur Entspannung etwas reggae/ska, der Menge gefiel es und man tanzte gemütlich dem Ende des Festivals entgegen, was mit der letzten Band auf dem diesjährigen Force Attack jedoch einiges an Tempo zulegen sollte:
DISTEMPER aus Moskau standen als letzter Punkt auf der Tagesordnung und klatschten dem Publikum zum Abschluß Skapunk bester Qualität vor die Füße.
Das Zelt war randvoll, der vordere Teil davon in dauerhafter Bewegung, die Band lieferte einen perfekten gig ab und die beiden Maskotchen (wer sie nicht kennt: die schleppen sich auf jeder Tour jemanden mit, der einfach nur mit nem riesigen Hundekopf verkleidet auf der Bühne rumhüpft, dieses Mal war noch einer mit ner Latex-Iropunkmaske dabei) machten ihre Show, wedelten mit Müllsäcken, Besenstielen, Bierkästen und anderem Kram vor dem Publikum rum, surften auf der crowd und waren allein auch ohne die Musik schon ein Grund zum feiern! Ein schöner Abschluß für ein schönes Festival!

Am Montagmorgen glich dann alles wieder ein wenig einem Schlachtfeld.. abgekämpfte Punker schleppten sich über den Platz, von diversen Zelt- und Müllfeuern aufsteigende Rauchschwaden zogen sich über das gesamte Gelände, die unheimliche Stille wurde immer wieder von dem Knall explodierender Gaskartuschen und Raviolidosen durchbrochen.. Festival halt!

Soviel zum Force Attack 2005 aus meiner Sicht und in arg übermüdetem Zustand, vielleicht mag ja noch jemand seine eigenen Erlebnisse dazu beitragen und was über die restlichen Bands erzählen! Hab aus der Ferne ne nette Müllschlacht beobachten können, war da jemand live dabei? Ich hoffe mal irgendwer hat noch n paar schicke Fotos gemacht, hatte nämlich selber leider keine Kamera dabei. - Beitrag von: oris

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