DOOM & SOCIAL DISTORTION / 26.06.11 – Hamburg, Hafenklang & Dock’s

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Die Überschrift irritiert wohl nur kurz, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die Hafenklang-Crew sonntags gern Matinee-Konzerte veranstaltet. Da Kollege Stefan zudem eine Karte für SD hat, wagen wir den Kontrast-Orgasmus (wobei ich mir vornehme, vorm Dock’s eine günstige Karte abzugreifen).

Kurz vorher erschreckt mich noch eine Bekannte mit der Aussage, dass DOOM mit neuem Sänger ja wohl nicht der Hit seien. Letztendlich ist „neu“ jedoch relativ zu sehen. In der Geschichte der Band hat es ja so manchen Besetzungswechsel gegeben, aber da es auf so gut wie keiner Veröffentlichung von DOOM ein Bandfoto gibt, bin ich diesbezüglich nicht so recht im Bilde. Fakt ist, dass der Sänger derselbe Typ ist, der auch letztes Jahr auffem OBSCENE EXTREME gesungen hat und sich exakt so anhört wie auf den Platten.

Aber kurz zum Anfang:

Das Wetter ist herrlich, meine Nebenhöhlen freuen sich über die Sonnenstrahlen, welche die letzten Reste einer Entzündung wegbrutzeln. Auch die zahlreichen Krusten verlassen irgendwann ihre schattigen Plätze und explodieren überraschenderweise nicht im gleißenden Sonnenschein. Viele bekannte Gesichter, aber kaum jemand aus Kiel (außer man zählt den Lehmsen noch als solchen).

Als ich erfahre, dass CONFUSA aus Finnland kommen, erwarte ich derbstes Geprügel. Immer diese Vorurteile – tatsächlich handelt es sich um eher melodiösen Speedpunk. Zwei Sängerinnen geben Gas, grinsen sich gegenseitig an oder wetzen durch die Menge. Ich nuckele an meiner Bionade (wegen Penicillin gibt es heute nix Bier) und finde das mindestens nett.

DOOM strapazieren fast den Begriff Matinee und lassen sich Zeit. Eile mit Weile – mit fast streckerscher Geduld wird mal eine Box zurechtgerückt, nach fünf Minuten eine Gitarre angeschlagen, wieder von der Bühne geschlurft… Aber dann… KRAWUMM, RÖHR, MÖRTEL, PENG! Mit unwiderstehlicher Brachialität versetzen die eben noch lethargisch wirkenden Bandmitglieder den eben noch lethargisch wirkenden Krusten eine Energiespritze nach der anderen. Warum geb ich sonst eigentlich Geld für Bier aus? Vier Stücke von DOOM und du bist genau so dröhnig im Kopf wie nach zehn Öttingern in der Mittagshitze. Der Sänger ist irgendwie geil verpeilt, wie er zwischen den Stücken ins Mikro röchelt. „Is anybody smoking?“ (mit entsprechender Fluppengeste) – mehrere Hände gehen zögerlich nach oben – „stop it! It’s killing! It’s killing EVERYONE!” Abartig gut das BLACK-SABBATH-Cover von “Symptom Of The Universe” – das Riff ist aber auch wie dafür geschrieben, um eine Crust/Thrash-Version daraus zu machen! Mit „Police Bastard“ werden noch mal alle aktiviert, bevor die Band von der Bühne zu gehen scheint, sich aber doch noch für eine Zugabe zurückbrüllen lässt, die der Sänger mitten im umherwirbelnden Pit schmettert.

Jetzt könnte man fix nach Hause und noch feist bubu machen. Aber nein, der Trend geht heute zum Zweitkonzert. Ein paar Meter weiter wartet ein doch recht anders aussehendes Publikum auf Mike Ness und seine Band. Hier trifft die Hausfrau auf den Studenten und der auf den Rock’n’Roller mit eben frisch eingefetteter Tolle. Ich bekomme eine Karte für 15,- Euro, der Lehmsen eine für 18,- - zusammen immer noch weniger als der Originalpreis, wie Stefan zähneknirschend preisgibt. Kaum drinnen, fangen SOCIAL DISTORTION auch bereits an. Die Bühne ist liebevoll mit 50s-Tand geschmückt – halt Reklame-Schilder, Automobil-Modelle, so ‘n kitschig leuchtendes Kreuz usw. Mit „Road Zombie“, „Bad Luck“, „Nickels And Dimes“ und „Story Of My Life“ geht es gut los. Es fällt bei neueren Songs auf, dass sie motivierter gespielt werden als auf dem Album. Andererseits ist ein SD-Konzert heutzutage deutlich gesetzter als noch zu „White Light…“-Zeiten. Aber das ist auch schon etwas her und Spaß macht die Darbietung auch in dieser Form. Die Publikumsschichten haben sich natürlich erweitert – eine Dame mit Handtäschchen und Perlenkettchen vor mir ist offenbar noch nie auf einem vergleichbaren Konzert gewesen und reißt atemlos die Hände vor den Mund, als sie einen Crowdsurfer sieht… Gerade nach einem Crust-Konzert natürlich ein witziger Kontrast. Herr Ness ist gut bei Stimme und auch gut bei Laune. Er macht ziemlich ausführliche Ansagen und lässt voll seinen Charme spielen, wenn er Licht auf die ZuschauerInnen haben will, um sich einzelne mit „that crazy look in your eyes“ herauszupicken. Eine Parallele gibt es gar zu DOOM: Auch dieser Sänger ist ein militanter Nichtraucher. Die Show hat ihre Höhe- und Tiefpunkte, die Honkytonk-Version von „Reach For The Sky“ hätte ich nicht gebraucht, überhaupt ist der Akustikteil mal echt ein wenig öde. Dafür gefällt mir „Gimme The Sweet And Lowdown“ VIEL besser als auf Platte und mit „Prison Bound“ oder „Don’t Drag Me Down“ kannste eh nichts falsch machen. Zur Zugabe kommen zwei „Soul Sisters“ auf die Bühne, wackeln mit den Hüften und intonieren meine beiden Hass-Songs „California (Hustle And Flow)" sowie „Can’t Take It With You“. Buhu, und dafür bleiben „Cold Feelings“ und „I Was Wrong“ auf der Strecke! Naja, dennoch ein stimmungsvolles Konzert, irgendwie hat das den Abend nett abgerundet.

Fast wären wir trotz zweierlei Konzertbesuchs samt Rückfahrt nach Kiel noch vor Zwölf im Bett, wenn nicht Horden von Kieler-Woche-Mutanten rechtzeitig die Straßen verstopften…

Kommentare   

0 #5 Jakob 2011-07-17 15:40
Achwas Philipp, ihr seid noch weiter? Ich dachte ihr seid gleich auf die Bahn. Na dann gabs ja auch nen illustren Abend zu nem gelungenen "Nachmittag".
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0 #4 Philipp 2011-06-29 06:31
Yeah, du bist immer mein Positivbeispiel für den Umgang mit Stresssituationen.
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+1 #3 M.Strecker 2011-06-28 19:12
"mit fast streckerscher Geduld" ??? Gefällt mir
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0 #2 Philipp 2011-06-27 19:56
Ja, der ist ziemlich fies. Wurde natürlich abgefeiert...
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0 #1 DoctorJoyBoyLove 2011-06-27 19:53
Au ha - gegen diesen "California"-Song is ja Smokie spannender. Grad zum ersten Mal gehört.

Hätt ich trotzdem beides auch gern gesehen.
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