GRAVE, SONNE ADAM, FREUND HEIN / 05.09.2012 – Hamburg, Marx

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GRAVE haben sich in meinen Augen mit ihrer aktuellen Platte endgültig an die Spitze des schwedischen Death Metal gesetzt. Nun spielt die Band im November zwar auch in Kiel, aber heute sind zudem SONNE ADAM dabei. Eine Band, der ich seit ihrer sensationellen „Transformation“-Scheibe verfallen bin. Der Sound der Israelis lässt sich grob mit NECROS CHRISTOS vergleichen, ich habe jedoch festgestellt, dass er in noch höherem Maße süchtig macht. Ein paar Tage ohne die Platte – zack, sitzt dem Suchti der Affe auf den Schultern! Der Bandname klingt übrigens nur zufällig deutsch, tatsächlich ist es Hebräisch und bedeutet so viel wie „Hass auf die Menschheit“. Klare Sache für Misanthropen wie uns: Hin da.

 

Viel ist noch nicht los, als wir im Marx eintrudeln, aber 19.30 Uhr ist eine Ansage und der gemeine Hamburger ist gemütlich… So kommen wir bei maximaler Ellenbogenfreiheit in den Genuss einer FREUND-HEIN-Show. Die Wiener zeigen bereits in der Wahl ihrer Beinkleider und Shörts Bespaßungswillen. Spandex mit Raum für ordentlich Skrotum, darüber Nietengürtel, Superhelden-Motive wie Batman, Super-Mario und das bandeigene „Pentapenis“-Motiv sind gewagt, könnten sie doch schnell den Eindruck erwecken, dass es sich um eine Funband ohne musikalische Qualitäten handelt. So wie der Bandname bekanntlich ein Euphemismus für den Tod ist, so verbirgt sich hinter dem Erscheinungsbild der Band Extreme Metal, der vor allem thrashige Elemente aufweist. Eine insgesamt lebendige und knackige Darbietung, fast hätte ich mir ‘ne Scheibe geholt, aber mit ‘ner homophoben Ansage (a la „wir würden euch gern zuprosten, haben aber backstage nur Wasser bekommen und mit Wasser anzustoßen, ist homosexuell“) machen sie den guten Eindruck letztendlich doch zunichte.

Endlich also SONNE ADAM live. Darauf hatte ich schon länger gehofft, kommen die Freaks schließlich nicht so häufig aus Israel nach Deutschland gejettet. Das Marx ist mittlerweile schon deutlich besser gefüllt. Schön: Viele Besucher_innen kennen die Band nicht, sind aber schnell überzeugt und spenden mit jedem Stück mehr Applaus, bis schließlich der überwiegende Teil die Rüben schüttelt. Mit Recht. Denn jedem Metal-Gourmet MUSS die Qualität dieser Band im Grunde schnell erkenntlich werden, es sei denn er/sie ist von der Plastik-Metal-Szene geschädigt. SONNE ADAM haben das Gespür für dunkle Melodien und schwere Riffs, selten geht es im Uptempo zur Sache, dafür mit den schlürfigen Riffs und der donnernden Doublebass, die man bei AUTOPSY, ASPHYX, WINTER oder langsamen MORBID ANGEL („God Of Emptiness“) so liebt. Dazu Growls aus dem Urschlamm des Death-Metal-Ozeans. Das wird live derart zwingend dargeboten, dass diverse Kolleg_innen um uns herum vor Begeisterung japsend nach Luft schnappen. Der Merchstand wird später hart belagert, lohnt sich auch wirklich, da SONNE ADAM nicht untätig waren und neben der „Transformation“-LP mehrere EPs („Armed With Hammers“, „The Sun Is Dead“ und „Doctrines Of Dark Devotion“) veröffentlicht haben. Letztere ist brandneu und weist ein Gänsehaut-Coverartwork vor – wird somit ruckzuck abgeerntet.

Natürlich haben die meisten Leute ihr Ticket wegen GRAVE gelöst. Und diese werden ihrem Status als Legende ein weiteres Mal gerecht. Eine Bühnenpräsenz aus Lässigkeit und Eindringlichkeit sorgt sofort für die nötige Death-Metal-Tiefenentspannung. Warum klingen Death-Metal-Bands live eigentlich oft so gut? Vielleicht sind meine Ohren für genau diese Frequenzen empfänglich. Jedenfalls stellt das Konzert eine durchweg erbauliche Ohrenmassage dar. Ola Lindgren und seine Meute stehen vor der Wahl, aus einer langen Bandgeschichte (GRAVE existieren seit 1991, unter dem vorherigen Namen CORPSE gar seit 1986) Songs auszuwählen. Schlauerweise entscheidet man sich vor allem für Stücke der ersten drei Alben „Into The Grave“, „You’ll Never See…“ und „Soulless“, ergänzt um diverse Nummern der aktuellen Langrille „Endless Procession Of Souls“, zum Beispiel das smart betitelte „Winds Of Chains“. Ansonsten fräst sich eine Old-School-Monstrosität nach dem anderen durch meine Hirnrinde. „Hating Life“, „You’ll Never See“, „Turning Black“, „Soulless“, „Bullets Are Mine“ – ach, ich weiß es doch auch nicht mehr genau, zu sehr bin ich damit beschäftigt, dem einzigen Stagediver auszuweichen, der sich wiederholt eine Person im Pit ausguckt, um dieser auf den Kopp zu springen. Ich habe die Band zu diversen Gelegenheiten live gesehen, zurückdenken muss ich vor allem an die Hamburger Show auf der „Soulless“-Tour, welche genau hier im Marx stattgefunden hatte. Damals geil, heute geil! Es dürfte nicht eine einzige Person im Marx geben, deren Erwartungen auf irgendeine Art enttäuscht werden.

Die Kieler_innen, welche GRAVE auf dem WOK sehen wollen, können sich schon mal freuen!

 

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