HOLOCAUST, SAVAGE, DISASTER AREA, NNGNN / 12.04.2014 - Glasgow, Ivory Blacks

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Da es wohl noch lange dauern wird, bis wir aktuelle "Berichte aus dem Pit" schreiben können, ist es natürlich super, wenn wir Berichte von Prä-Corona-Konzerten bringen können. Rüdiger Abend, einigen bestimmt vom UNBROKEN METAL MAG bekannt, hatte für uns etwas Unveröffentlichtes von seinem letzten Schottland-Trip. Danke, Rüdiger!

NWOBHM auf Festivals ist schön und gut, wenn die Bands vor großem Publikum spielen können, aber die authentische NWOBHM fand eben in kleinen dreckigen Clubs statt, die nach Schweiß- und Bierlachen von Jahrzehnten riechen. Das Ivory Blacks am Central-Bahnhof in Glasgow ist genauso eine Hütte wie die, in denen die meisten Kultbands anno 1979 ihre Auftritte absolvierten, und die Kombination von Savage und Holocaust ließ einen entsprechend starken Retroabend erwarten.

 

HOLOCAUST

 

Die lokalen Black Thrasher NNGNN eröffneten solide, sind als Trio optisch sicher ein bißchen von Venom inspiriert, sind musikalisch nur technischer... nun gut, jeder ist technischer als Venom, aber ihr könnt es euch bei Songtiteln wie „Black Thrash Massacre“ und „Realm of Terror“ irgendwie vorstellen. Der Krach war soweit ganz okay, wird sich nachdem im Kürze geplanten Demo noch weiter entwickeln.

 

NNGNN

 

DISASTER AREA sollte man sich laut Douglas Adams (R.I.P.) am besten aus 37 Meilen Entfernung in einem Betonbunker anhören. So direkt am Bühnenrand stehend habe ich dann doch wenigstens Ohrstöpsel benutzt... Nein, diese Disaster Area entpuppten sich als sleazige Band, die mich etwas an Zodiac Mindwarp erinnerte. Der kleine Frontmann hüpfte im Leopardenmuster-Mantel wie ein Frosch über die Bühne; das bot eine Art von Humor, die man bekloppt finden kann, doch in Britannien zieht man diplomatisch das Wort „exzentrisch“ vor. Im Programm standen u.a. „Take the Money And Run“, „Let It Burn“ und „Sick of You“. Kann man sich mal antun, aber ein höherer Alkoholpegel würde dem Verständnis helfen.

 

DISASTER AREADISASTER AREA

 

SAVAGE überraschten mit einer unerwarteten Setlist, in der 2 Songs vom in Vergessenheit geratenen 2.Album „Hyperactive“ standen, die unheimlich gut einschlugen, sowie „Smiling Assassin“ vom unbeliebtesten (sagt Chris Bradley selbst) Album „Xtreme Machine“, der live und laut einen Mördergroove hatte. Komplette Setlist: 1. The Rage Within, 2. Black'n'Blue, 3. White Hot, 4. Stevie's Vengeance, 5. The China Run, 6. Cardiac, 7. Smiling Assassin, 8. Ain't Not Fit Place, 9. Let It Loose. Savage haben mit Chris' Sohn an der 2.Gitarre und dem neuen Drummer Mark den Altersdurchschnitt der Band um ein Jahrzehnt gesenkt, und live tut es der Power gut. „Let It Loose“ am Schluss wurde in einem Tempo runtergeprügelt wie noch nie. Andy Dawson sagte mir nach dem Gig schmunzelnd: „Mark will uns herausfordern, aber für ihn selbst ist es sicherlich am anstrengendsten.“ Völlig überzeugender Auftritt, dem leider keine Zugabe („We Got the Edge“ war geplant gewesen) mehr folgen konnte, da Disaster Area mit etwas Verspätung begonnen hatten und Holocaust als Headliner pünktlich 22 Uhr beginnen mussten wegen Curfew, hieß es. Dass das keine Ausrede war, sollte ich später merken...

 

SAVAGESAVAGE

 

Mit der aktuellen Single „Expander“ legten HOLOCAUST los - ein volles Album haben sie seit einem Jahrzehnt nicht mehr auf die Reihe gekriegt, arbeiten jetzt aber ernsthaft dran. Als dann als zweites „Death Or Glory“ aus den Boxen dröhnte, begann die Zuschauerschar (überschaubare 70 dürften es gewesen sein) zu toben und hörte bis zum Schluß nicht mehr auf. Setlist: 1. Expander, 2. Death Or Glory, 3. Only As Young As You Feel, 4. Predator, 5. No Nonsense, 6. Love's Power, 7. Dance Into the Vortex, 8. The Small Hours, 9. Smokin' Valves, 10. Iron Will, 11. The Nightcomers, 12. HM Mania. Das Faszinierende bei Holocaust ist, dass sie einen Party-Rock'n'Roller wie „Love's Power“ spielen können, gefolgt von einem gestörten Thrashsong wie „Dance Into the Vortex“ und einem doomig-düsteren Epos wie „The Small Hours“ - 3 Stücke hintereinander, die musikalisch extrem unterschiedlich sind, aber alle ins Bandschaffen passen und gleichermaßen beim Publikum ankommen – mag mir jemand eine andere Band nennen, die das kann? Bei „HM Mania“ am Schluss sangen die Leute so laut mit, dass die Band den Song ungeplant einfach noch ein zweites Mal spielte, bis jeder restlos fix und fertig und glücklich war. Hammergig!

 

HOLOCAUSTHOLOCAUST

 

Rigoros wurden seitens des Clubs um 23:30 Uhr die Gäste auf die Straße gesetzt („sorry, we're closing NOW“), als ich gerade so gemütlich mit John Mortimer und John Mayer (das ist der Eigentümer der Plattenfirma Phoenix, die damals u.a. das „Nightcomers“-Album und die Live-LP von Holocaust veröffentlichte) am Schnacken war. Etwas abruptes Ende, aber es war ein tolle Veranstaltung, die die weite Anreise gelohnt hat. Nebenbei war ich überrascht, wie sich Glasgow verändert hat. In den 80ern hatte die Stadt ein totes Image so ungefähr in der Mitte zwischen Duisburg und Wolfsburg - heute schaffen da eine Reihe von Clubs eine lebendige Kulturszene, die im Vereinigten Königreich keinen Vergleich zu scheuen braucht. Es wird natürlich von den Erfolgen der einheimischen Pop-Künstler wie Amy MacDonald mehr Aufmerksamkeit erregt als von Metalbands, aber alleine schon, wenn mehr Publikum in der Innenstadt unterwegs ist und mehr Auftrittsmöglichkeiten für Bands aller Couleur bestehen, hilft das, eine positive Entwicklung in Gang zu setzen. Ohne die kleinen Clubs geht es eben nicht, sieht man immer wieder.

 

SAVAGE

Kommentare   

0 #1 Philipp 2020-07-01 21:54
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