DEVO / 15.08.2023 - Berlin, Zitadelle Spandau

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Es gibt manchmal so Bands, bei denen man „late to the Party“ (Anführungszeichen, da Zitat einer beliebten Kategorie aus dem Dremu-Poll) ist und wenn man sie dann endlich zu schätzen weiß, kann man schnell nicht mehr nachvolllziehen, wie diese Band so lange an einem vorbei gehen konnte. DEVO sind bei mir eine dieser Bands. Immerhin hat es noch rechtzeitig „klick“ gemacht, um sie auf ihrer Abschiedstour live zu sehen.

 

Es ist für diesen Abend einiges an Regen angesagt, was die Bekleidungswahl an einem Freiluft-Veranstaltungsort wie der Zitadelle Spandau immer etwas schwieriger macht. Ich entscheide mich letztlich der Einfachheit halber für ein strandtaugliches Outfit, da es trotz möglicher Gewitter bis in die Nacht über 20 Grad warm werden soll.

Erfreulicherweise treffe ich auch einige nette Mitglieder aufgelöster und noch bestehender befreundeter Berliner Bands.

Vom parallel angereisten Kocky, der generell ein Händchen für den Handel mit Merchandise hat, bekomme ich den Hinweis, dass es die ikonischen roten DEVO-Plastikhüte mit denen man bereits einige Besucher*innen sieht, tatsächlich käuflich am Merchstand zu erwerben gibt.

Denkt man sich die kulturelle Signifikanz dieser Artefakte weg, bleibt ein grobes Missverhältnis von Gebrauchswert dieses etwas seltsamen Sandkastenutensils und dem Kaufpreis von 35€.

Mir erscheint es aber grade sehr dringend, so ein Ding zu besitzen, um mich noch ein Stück mehr an der Popfolklore auf dem Platz beteiligen zu können.

Etwa 60 – 70 Prozent des Publikums könnte man sich leicht umdekoriert (teils auch genau so) auch sehr gut als Kunden in einem Comic- und Fantasyladen vorstellen. Es besteht hauptsächlich aus höflichen älteren Nerds mit Punkeinschlag und einer kleineren Mischung aus bunt gemischten Weirdos. Da falle ich dann auch nicht besonders auf. Nach meinem zur Schau getragenen Impulskauf am Merchstand werden wir diverse mal von anderen Besucher*innen auf englisch gefragt, ob man die Dinger hier tatsächlich käuflich erwerben kann und, wenn ja, wo. Support gibt es keinen, stattdessen legt einfach jemand abseitige Punk/New Wave-Hits wie “Where is captain Kirk?“ von Spizzenergi oder irgendwas vom ersten Plastic Betrand Album („Sha la la la lee“?) auf, womit man nicht verkehrt liegt. Es folgt nicht hämisch gemeinter Applaus.

Nach einem unterhaltsamen Videointro folgt der erste Block aus „Dont shoot (I'm a man)“, „Peek-a-boo“, „Going under“ und dem Tanzhit „That's good“. Es macht Spaß, aber in diesem Block kommt alles noch ein wenig zu glatt und leblos daher. Mir scheint, dass da ein recht lauter Backing-Track läuft. Klingt alles etwas zu sehr wie auf Platte. Mit „Girl U want“ erfolgt dann ein deutlicher Bruch. Jetzt hört man klar die Musiker bei der Arbeit. Bob Mothersbaugh kommt jetzt auch nicht mehr immer an der Gitarre hinterher. Mich reißt es trotzdem noch einen Tick mehr mit, was auch daran liegt, dass in diesem Block u.a. „Whip it“, „Secret Agent Man“ und der vielleicht beste DEVO-Song für den Live-Betrieb, „Uncontrollable Urge“ folgen.

Zwischendurch werden immer wieder die naiv-charmanten Outfits gewechselt, die ich ja immer schon für ein cooles Feature der Band hielt (siehe Merchkauf), aber an so alten Männern wirken sie noch etwas absurder.

Bei „Gates of steel“ zucken dann Blitze über den Berliner Abendhimmel, was die Performance zusätzlich zu Licht- und Videoshow nochmal unterstützt. Vor dem „Devo Corporate Anthem“ verkündet man zufrieden, wie weit die De-Evolution besonders im Heimatland bereits fortgeschritten sei („We're drowning in filth!“). Als die Band mit „Freedom of Choice“ wieder die Bühne betritt, ist der gut getimte Spannungsbogen der Show auf dem Höhepunkt. Für mich hätte dann nach dem gewaltigen „Gut Feeling“ eigentlich Schluss sein können. Danach kann es eigentlich nur noch bergab gehen und das tut es auch ein wenig. Man kündigt an, 2072 zum hundertjährigen Jubiläum von DEVO wieder an Ort und Stelle zurückzukehren. Ich werde mir das mal notieren, aber vielleicht nehme ich dann einen Sitzplatz. „Beautiful World“ ist danach noch ein netter Epilog.

Wir gehen nass und glücklich ins Hotel.

 

DEVO

 

Komplette Setlist (geklaut aus Youtube-Kommentar und leicht überarbeitet):

Intro

Don't Shoot (I'm A Man)

Peek-A-Boo

Going Under

That's Good

Girl U Want

Whip It

Planet Earth

(I Can't Get No) Satisfaction

Secret Agent Man

Uncontrollable Urge

Mongoloid

Jocko Homo

Smart Patrol

Gates Of Steel

Devo Corporate Anthem

Freedom Of Choice

Gut Feeling

Beautiful World

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