AV IS OG ILD III mit NEGURA BUNGET, HELFAHRT, ADULTERY, ODEON / 04.05.07 – Bad Segeberg, HaK

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Da hatte ich mir doch mal herzhaft in den Arsch gebissen, als ich davon las, dass NEGURA BUNGET ausgerechnet am 19. April in Hamburg spielen sollten – ein Datum nämlich, an welchem ich bereits für ein WE in London verplant war. Umso heftiger elektrisierte mich die Ankündigung des AV IS OG ILD-Festivals, dessen Billing eben auch NEGURA BUNGET nannte!

 

Und nicht nur das: Das gesamte Konzept hörte sich für mich sehr interessant an: Der norwegische Name bedeute „Von Eis und Feuer“, es sei „ein naturverbundenes Metal Fest (…), in welchem die Verbundenheit zur Natur, dem angemessenen Respekt zu ihr in der heutigen Zeit, der Vergangenheit, wie auch in der Zukunft zum Ausdruck kommen soll. Die vermeintlich gegensätzlichen Elemente Eis und Feuer sollen das Wechselspiel der Natur in ihrer rohen, zerstörerischen, wie auch sanften, friedlichen Art zum Ausdruck bringen und verinnerlichen, dass wir selbst nach wie vor ein Teil ihrer sind.“ (www.avisogild.de)

 

 

 

http://www.metalhead.ro/pics/negurapromo1.jpg  

 

 

Mit der Bahn war Bad Segeberg ganz fix erreicht und auch das „Hotel Am Kalkberg“ schnell gefunden (noch schneller wär’s gegangen, hätte ich mich nicht einmal amtlich verlaufen)… Beim Namen „Hotel…“ könnte man an ein steriles Ambiente denken, so mit schicker Lounge, Gestalten in Anzügen etc. Aber nix da – dat HaK ist ma ein verdammt gemütliches AZ, schön verranzt und mitten in der Natur gelegen. Es waren schon Horden schwarzgekleideter Langhaariger vor Ort, die zum Teil recht weit gereist waren. Aus Kiel hingegen höchstens so 20 Leute, zumindest mein Eindruck. Mit „Asgaard“-Bier (ziemlich lecker und Bio noch dazu!) und ’ner Bretzel akklimatisierte ich mich recht fix, bevor erste Töne aus dem Konzertraum drangen.

 

 

Die Bühne hatte man schick mit allerlei Ästen drapiert, um das paganistisch-heidnische Flair noch zu steigern. Allerdings streikte anfangs die Technik, sodass der Anfang sich etwas verzögerte.

Irgendwann begannen dann ODEON, die aus Oldenburg stammen und im Gegensatz zu mir bereits zahlreichen Leuten vertraut waren. 250 Nasen passen höchstens ins HaK und es war auf jeden Fall bereits jetzt eng. ODEON gibt es wohl erst seit zwei, drei Jahren, dafür wirkten sie erstaunlich souverän und auch ihre Songs klangen ausgesprochen ausgereift. Sehr flüssig gespielt bei allem Anspruch (Einflüsse von OPETH über ENSLAVED bis zu PRIMORDIAL waren nicht von der Hand zu weisen). Anfänglich klang der Gesang etwas zu leise, was sich aber schnell besserte und aggressive Schreie sowie klare Stimme gut zu hören waren. Schön!

 

 

Für eine Band, die sich heidnischer und mythischer Themen annimmt, klingt der Name ADULTERY (= Ehebruch) geradezu profan. Für die Musik gilt das allerdings keineswegs, denn die Tschechen boten uns einen sehr eigenwilligen Auftritt. Zunächst erklang rasender Black Metal, bevor man auf Akustikklampfe wechselte und sich tief in folkloristische Gefilde begab. Die Gesangsmelodien und die wieselflink gezupfte Gitarre ließen schnell die Stimmung brodeln, wobei es sehr ungewohnt für meine Ohren klang, wenn der Sänger mal melodisch sang. Ich war zwar nicht begeistert, aber sehenswert war die Band auf jeden Fall.

 

 

Bei HELFAHRT wurde es dann RICHTIG voll im HaK. Berechtigt, denn die Bayern legten mit einer Vehemenz und Entschlossenheit los, die beeindruckte. Jeder der Barzis ließ die Rübe kreisen und versprühte Enthusiasmus. In treibendem Tempo und bei mittlerweile vollständig überzeugendem Klang offenbarten die Songs dunkle Melodien. Vergleiche zu anderen Bands sind gar nicht so einfach – vllt. MITHOTYN, die ähnlich rasant ballerten und dabei eine synonym geartete Melodieführung präsentierten. Den Abschluss dieses Auftritts bildete eine hervorragend gespielte Coverversion von SATYRICONs „Fuel For Hatred“, welches genau den Drive und die Durchschlagskraft des Originals besaß: „Fuel For Hatred! Air Raid Siren To Mankind!“ schmetterte der gesamte Mob mit hochgereckten Fäusten mit…  

 

 

 

Zu NEGURA BUNGET trudelte noch mal eine ganze Ladung Leute ein, die nur wegen dieser Band gekommen war. Ich war gespannt, denn schon auf Platte klingen die Rumänen so vollkommen einzigartig, dass sämtliche Vokabeln zur Beschreibung von Musik scheitern MÜSSEN – diese Band muss man selbst hören. Besonders schön für mich war, dass ich vorher noch gar keinen visuellen Eindruck der Band bekommen hatte, da ich mir so gut wie nie diese ganzen Bonus-DVDs ansehe, die vielen Veröffentlichungen beiliegen. Die „Om“-Zusatzdisc werde ich mir nun aber definitiv mal ansehen, sei es nur, um einen Abglanz dieses Abends noch einmal verspüren zu können. Tief spirituell musizierten diese Freaks aus den transsilvanischen Wäldern und sie verwendeten dabei diverse ungewöhnliche Instrumente und erzeugten eindringliche Klangeffekte. Zu Beginn reichte man den ersten Reihen ein meterlanges Didgeridoo zum Halten, denn auf der kleinen Bühne war einfach kein Platz für den gesamten Klangkörper. Zu den drei Kernmitgliedern der Band gehörten auf dieser Tour eine Keyboarderin und zwei Typen, die für perkussive Elemente verantwortlich waren. Da wurde schon mal mit Hämmern auf ein Holzbrett gekloppt… Insgesamt dennoch – und das fand ich faszinierend – ganz klar Metal. Der allerdings höchstens in seiner WIRKUNG mit anderen Bands verglichen werden kann, und da konnte ich nur an NEUROSIS denken, deren Musik bei mir ebenfalls schon visuelle Assoziationen ausgelöst hat. Bei NEGURA BUNGET riechst du förmlich den Wald, schmeckst die Erde und wirst zudem verschiedensten Emotionen wie Trauer, Verlorenheit, aber auch Wut ausgesetzt. Ein magisches Erlebnis! Leider musste jedoch auch dieses Konzert irgendwann sein Ende nehmen, auch wenn man gerne mehr gesehen hätte und die seit ’95 aktive Band sicherlich noch einiges im Repertoire gehabt hätte. Doch einerseits hat das HaK eine Deadline, anderseits mussten NEGURA BUNGET noch die Strecke bis zum nächsten Gig am Folgetag in Paris überwinden…

 

 

Sehr gelungenes Festival also, am zweiten Tag hatte ich leider keine Zeit, aber nächstes Jahr ist vorgemerkt.    

Kommentare   

0 #8 Torsten 2007-05-06 18:17
Schönes Abschlusswort!
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0 #7 Arvid 2007-05-06 18:17
so, dann noch ein kommentar meinerseits zum thema ohne dass hier ausschweifende religiöse oder philospohische diskussionen entbrennen ;)
die bands sind unter der prämisse ausgesucht worden, dass sie versuchen eine gewisse spiritualität und mystik in ihre songs einfließen zu lassen. was gerade nicht gewollt war, war das bands, mit plumpen manowar mäßigen 'met, met, met - wir trinken den ganzen tag nur met' texten eine plattform gegeben wird. gründe dafür sollten auf der hand liegen.
wie gut das jetzt bei den einzelnen bands gelungen ist, muss jeder für sich selbst beantworten und ist letzten endes wohl auch geschmackssache.
zum thema neuheidentum:
die sache ist kein stück homogen und es gibt zig verschiedene ansätze (wie man übrigens bei den vorträgen sehr schön gesehen hat!): einige nehmen 'heidentum' sehr ernst und sehen in ihr eine religion, die am besten die fragen und ängste stillt, die sie haben (wie es letzten endes jede religion möchte), andere sehen in ihr lediglich einen gegenentwurf zur christlichen religion, die bei ihnen aus den vielfältigsten gründen auf ablehnung stößt etc. etc...
ich für meinen teil kann nur sagen, dass ich meine, dass 1000 jahre christentum einen kulturellen kontext nach und nach und mehr oder weniger gründlich zerstört haben, der sich für uns nicht mehr erschließt und deshalb alle ansätze einer 100%igen wiederherstellung paganistischer religionen zum scheitern verdammt sein müssen.(allerdings sind sich darüber die meisten neuheidnischen gruppen durchaus im klaren und lehnen ihre neue religion lediglich an alte religionen an und sind sich sehr bewusst, dass sie nicht dieselbe religion wie ihre vorfahren praktizieren können , sondern nur eine ähnliche.)
Was aber durchaus möglich ist - und dafür eignet sich black metal meiner meinung nach am besten - ist, dass versucht wird durch die musik eine archaische atmosphäre zu erzeugen, die den hörer auch dazu bringt seine eigene existenz und die vergangenheit zu reflektieren. und zwar ganz ohne beschönigende 'früher war alles besser' mentalität, aber vielleicht mit einer intention, dass fortschritt auch dazu führt, dass der mensch sich immer weiter selbst entfremdet und technischer fortschritt bei weitem nicht zu dem geistigen fortschritt geführt hat, den ich mir wünschen würde.
aber wie gesagt, das ist nur meine sicht und ich bin mir sicher, dass jeder festivalbesucher dazu eine andere hat.
also beim nächsten mal vorbeikommen, musik genießen und mitdiskutieren, lässt sich auch besser als übers internet finde ich.

viele grüße

arvid
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+1 #6 Philipp Wolter 2007-05-06 18:17
Ach Bolle, du sagst doch selbst, dass du dich in dem Bereich gar nicht auskennst. Es gibt ganz hervorragende Texte - egal, ob du das jetzt als 'kritisch' bezeichnen willst oder ob es einfach mitreißende Geschichtenerzähler sind. Bei 'ner alten Band wie SABBAT findest du heidnische, SEHR kritische Texte, die nirgendwo etwas mit platten Odin-Storys a la MANOWAR zu tun haben. Und in dieser Hinsicht gibt es viel zu entdecken (MOONSORROW, ENSLAVED, PRIMORDIAL...)! Man sollte eben nicht alles in einen Topf schmeißen. Denk an die Hardcore/Punk-Szene: Da findest du ebenso geniale Texte wie totalen Schrott.
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0 #5 Bolle 2007-05-06 18:17
Hm, naja, aber diese ganze 'Naturverbundenheit' ist doch gerade ein Teil dieses ganzen Neuheidnischen 'Odinscheißes'. Das gehöhrt schon zusammen. Und ich glaub nicht, das man das irgendwie als kritisch / 'fortschrittlich' hinstellen kann.
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0 #4 Philipp Wolter 2007-05-06 18:17
'Tree-Hugging' = Kult :-)
Also, mal im Ernst: Freu mich, wenn Metalbands mal GUTE Texte und Inhalte haben. Meinetwegen gerne so'n Naturkram - besser als der ganze Odinscheiß (von irgendwelchen Gewalt/Machofantasien ganz zu schweigen). NEGURA BUNGET sind davon abgesehen musikalisch einfach faszinierend.
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0 #3 Bolle 2007-05-06 18:17
Ich weis bloß nicht ob Neuheiden-Scheiß und Tree-Hugging da der richtige Weg sind.
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0 #2 Philipp Wolter 2007-05-06 18:17
Ist doch Hammer, Metal gegen Klimakiller, ey!
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0 #1 Bolle 2007-05-06 18:17
„ein naturverbundenes Metal Fest (…), in welchem die Verbundenheit zur Natur, dem angemessenen Respekt zu ihr in der heutigen Zeit, der Vergangenheit, wie auch in der Zukunft zum Ausdruck kommen soll.'

'Die Bühne hatte man schick mit allerlei Ästen drapiert, um das paganistisch-heidnische Flair noch zu steigern'

Meine Güte, was geht denn da ab?

Ich werde Metal nie verstehen.
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